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Oskar Werner
Ein Verwundbarer
Ein Verwundbarer, der als psychisch Verwundeter physisch schwer krank starb. Seine unvergleichliche Stimme, die tausend Schattierungen kannte, läßt sich auf der neuen CD (von GIG Records) Oskar Werner Wahrheit und Vermächtnis wieder studieren. Seine Filme ( Jules und Jim , Fahrenheit 451 ) sind Vermächtnis, seine Bühnenauftritte in vielen Bildern parat, seine Dutzend Absagen an Produzenten zeugen von Verweigerung und dem Widerstand, sich zu verkaufen. Lieber in Würde leer als in Schande voll , heißt es einmal.
Oskar Werner, der heuer seinen 70. Geburtstag gefeiert hätte, ist die große Schau in der Salzburger Max-Reinhardt-Forschungs- und Gedächtnisstätte gewidmet (bis Juni 1993), von Gisela Prossnitz und Edda Fuhrich zusammengestellt. Einzigartig deswegen, weil Werners Kinder erstmals Material aus dem Nachlaß zur Verfügung gestellt haben und die Gestalter (künstlerisch von Imre und Ida Vincze betreut) die Qual der Wahl hatten. Autographen kamen zum Vorschein, sein Briefwechsel mit Cocteau, Anouilh, Kokoschka, Karajan, Romy Schneider oder Richard Burton. Sehr ausführlich und illuster kann aus der Biographie Oskar Werners gezeigt werden, was wesentlich, was besonders war. Seiner Eigenwilligkeit und Sensibilität, seinem Zweifel, schon aus dem porzellanenen Antlitz, das Werners erste Autogramm-Karte zierte, ablesbar, versperrten sich zwar nicht seine Rollen, aber alsbald die Bühnen.
1949 entläßt ihn das Burgtheater fristlos, als er wegen Filmaufnahmen nach London fährt. Das zweitemal, 1962, verläßt er den hehren Ort auf eigenen Wunsch. Sein Hamlet (Regie und Rolle) für die Salzburger Festspiele 1970 wird aus der Sicht der Kritiker ein Debakel. Aus dem Faust für die Josefstadt, aus dem Julius Caesar -Projekt an der Burg 1983, ein Jahr vor seinem Tod und nach seinem vollkommen mißglückten Festival in der Wachau, wird nichts. Dazwischen die großen Momente des Außergewöhnlichen: 1955 ist Werner Don Karlos, Werner Krauß Philipp II. Oskar Maurus Fontana schreibt nach der Burgtheater- Aufführung: Man glaubt ihm den Gezeichneten und das Genie. Er hat das Adelige einer hohen Seele und das Verlorene einer überfeinen Natur.
Ein Jahr später ist Werner an der Josefstadt Hamlet, sein liebstes Stück, seine Rolle. Franz Theodor Csokor ist hingerissen: Er spielt den Hamlet. Vielmehr er spielt ihn nicht. Er ist Hamlet! Oskar Werners zunehmend resignierende Anmerkungen ziehen sich (auf Tafeln) durch die gesamte Schau. Leitsprüche seiner Lebensanschauung, die dem Ende zu bitter werden und eins sind mit dem alkoholkranken Weltstar, dem die Regisseure bis zuletzt die Tür einrannten. Und die der berührende Brief von Wolfgang Schneiderhan 1978 nicht entladen konnte: ...Gott gab Dir alles, damit Du es verwaltest in Demut und nicht Deine nun bald ganze Kraft verzettelst in Kämpfen, von denen weder Du noch irgend jemand etwas Positives hat...
9.8.1992